Exkurs: Wo kommen Werte her?

Wo Menschen zusammenleben, braucht es Spielregeln der Gemeinschaft und des Miteinander. Die Werte einer Gesellschaft entscheiden darüber, welche Spielregeln sich Menschen für das gemeinsame Spiel geben. Werte gehen auf den alten Kanon von Tugenden und Lastern zurück.

So galten zu Zeiten der Ritter beispielsweise Rittertugenden, die im Minnesang festgehalten sind. Zu den zwölf Tugenden gehörten Barmherzigkeit, Demut, Friedfertigkeit, Gerechtigkeit, Glaube, Güte, Hoffnung, Liebe, Mäßigkeit, Stärke, Wahrheit und Weisheit. Im Minnesang wurden Beständigkeit im Sinne von Integrität, Frauendienst, heitere Gelassenheit, Mäßigung und Treue besungen.

Im 18. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Aufklärung, das uns bis heute prägt, wurden die  bürgerlichen Tugenden etabliert. Zu diesen Tugenden zählten u.a. Ordentlichkeit, Sparsamkeit, Fleiß, Reinlichkeit, Pünktlichkeit. Interessanterweise sind das Tugenden, die auf die Bewältigung des Alltags ausgerichtet waren. Diese Tugenden hatten eine soziale Funktion: die wirtschaftliche Existenz zu sichern. Sie stellen das pragmatische Gegengewicht zu den an Idealen orientierten Tugenden der Antike dar. Diese Tugenden entstanden in Zeiten, in denen sich das Bürgertum in der Epoche der Aufklärung vom Adel kulturell und wirtschaftlich emanzipiert hat.

Mit der Entwicklung der Psychologie im 19. Jahrhundert entstanden soziale Tugenden, zu denen u.a. Hingabe, Dankbarkeit, Staunen, Vertrauen oder auch Aufrichtigkeit zählen. Bei diesen Tugenden geht es vor allem um die eigene Haltung zum Leben und um den Umgang miteinander. Jede Kultur und Gesellschaft gibt sich eigene Werte und hält diese in Form von Tugendkatalogen, Geboten, Vorschriften oder auch Gesetzen fest. Wir leben in Zeiten erodierender Werte. Insofern lohnt es sich immer wieder, über die eigenen Werte und über die Werte der Gesellschaft nachzudenken.

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